Hallo, Partner! Ein Geschenk aus Wroclaw / Breslau

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Auf der Höhe der Debatte um das „Zentrum gegen Vertreibungen„, das in Berlin die deutschen Opfer der Vertreibung gedenken soll, veröffentlichte der bekannte deutsche Zeichner Walter Hanel eine Karikatur, die zum Nach- bzw. Umdenken anregt. Auf einer deutsch-polnischen Brücke stehen zwei Gestalten. Der deutsche Michael hält ein grosses Haus mit der Aufschrift „Zentrum gegen Vertreibungen” in der Hand. Auf der anderen Seite steht ein Pole und schaut nicht mal in seine Richtung. Unter der Last des deutschen Geschenkes beginnt die Brücke  in der Mitte zu bröckeln. Der Deutsche will  den Polen mit der Aufforderung „Hallo, Partner!“ noch umstimmen, aber erfolglos. Die Karikatur zeigte, wie brüchig die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern noch waren und die Geschichte zum Abbruch der Kontakte hätte führen können.

Seit der Publikation dieser Karikatur sind zehn Jahre vergangen. Hanels Prophez, dass die Geschichte zu einem bilateralen Problem werden kann, hat sich glücklicherweise nicht erfüllt. In den letzten Jahren wurde in Polen und Deutschland viel getan, um die noch ausstehenden historischen Fragen zu lösen. Es entstanden großangelegte Projekte, u.a. das Projekt des deutsch-polnischen Schulbuches, die die Nachbarschaft auf ganz neue Wege bringen sollte. Auch in Fragen des Streits um die zukünftige Ausstellung über Flucht, Vertreibung und Aussiedlung der Deutschen aus Europa am Ende des Zweiten Weltkrieges und in den ersten Monaten danach ist es ruhiger geworden. Nach den anfänglichen turbulenten Entwicklungen in der dafür geschaffenen Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung” ist man dabei, im internationalen wissenschaftlichen Beraterkreis unterschiedliche Positionen der zukünftigen Ausstellung zu berücksichtigen und einzuarbeiten. Das Projekt zum Umbau des Deutschlandhauses, in dem die Ausstellung zuhause sein wird, wurde in diesem Jahr aufgenommen, die Bauarbeiten sind im Gange.

Sind mit diesen positiven Entwicklungen alle Fragen schon gelöst? Sind wir uns dank der konstruktiven Gespräche näher gekommen? Was fehlt noch in den beiderseitigen Beziehungen? In der Tat wurde in den deutsch-polnischen Fragen viel gemacht. Was aber fehlt, sind – meiner Meinung nach – die Symbole in Berlin, die die guten Beziehungen noch stärker zum Ausdruck bringen könnten. Auf ein Symbol möchte ich nachfolgend hinweisen und zur Diskussion anregen. Der Anlass dafür war ein deutsch-polnisches Doktorandenseminar: „Polen und Deutschland im modernen Europa„, das vom WBZ der Universität Wroclaw, der LMU München und dem Deutschen Polen Institut in Darmstadt organisiert wurde. Es ist das erste Kolleg dieser Art. Nach Wroclaw kamen die Münchner Kollegiatinnen und Kollegiaten und zusammen mit ihren polnischen Partnern diskutierten sie drei Tage lang über Versöhnung, Versöhnungspolitiken- und strategien. Ein wichtiger Teil dieses Workshops war die Besichtigung der Denkmäler in der Stadt, die dem Versöhnungsgedanken verpflichtet sind. Die Teilnehmenden besuchten u.a. den Park der Erinnerung, wo man die Überreste aus unterschiedlichen Friedhöfen des alten Breslaus gesammelt und an einer Stelle allen Bewohnern der Stadt gewidmet hat. Ein anderes Denkmal hat alle schön überrascht und zu einer interessanten Diskussion angeregt.

Der „Erinnerungsbrunnen„, auch „Bündel” („Węzełek) gennant, wurde 2004 enthüllt und hat mit der üblichen Monumentalität der Denkmäler nichts zu tun. Es stellt eine Brunnenanlage dar, in der im Wasser große Schlüssel zu sehen sind. Der Brunnen wird von einem „Bündel” gekrönt. Das Denkmal vom Warschauer Bildhauer Maciej Szańkowski entworfen, soll an alle Migranten erinnern, die auf ihrem Weg/ihrer Flucht nur ein Bündel und/oder einen Schlüssel bei sich hatten. Die Symbolik dieses Denkmals ist sehr schlicht. Es gibt dort keine nationale Symbole, vielmehr wird  die Universalität der Frage betont. Über die Schlüssel ist die Aufschrift „panta rhei” zu sehen, was die Unsicherheit, Unvorherrsehrbarkeit des Schicksals der Betroffenen noch zusätzlich unterstreicht. Die Schlüssel geben dagegen genug Anlass zur Reflexion. Man hat sie mit auf die Flucht genommen, wollte man ja doch eines Tages zurückkommen. Sie waren auch Beweis für die Sicherheit, das Eigentum. Im übertragenen Sinne sind die Schlüssel auch ein Weg zur Lösung der Fragen. Das Denkmal hat – trotz der Jahre – an Aktualität nichts verloren. Auch heute sind wir Zeugen von Migrationen unterschiedlicher Art, die unterschiedlich bedingt sind. Sehr oft haben wir es auch mit Zwangsmigrationen zu tun.

Walter Hanel hat vor Jahren in seiner Karikatur das „Zentrum gegen Vertreibungen” als deutsches Geschenk dargestellt. Vielleicht ist es  höchste Zeit, von polnischer Seite ein Gegengeschenk zu machen. Das Breslauer Denkmal, das als eine Replik vor dem Deutschlandhaus im Zentrum Berlins zu sehen wäre, könnte hier ein interessanter (und hoffentlich willkommener) Vorschlag sein. „Hallo, Partner!“.

O autorze

Krzysztof Ruchniewicz

professor of modern history, blogger - @blogihistoria and podcaster - @2hist1mikr. Personal opinion

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